Erste FRISCH AUF!-Erfahrungen mit dem Videobeweis

Mit Beginn dieser Saison wurde in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga der Videobeweis eingeführt. In der EWS Arena kam der Videobeweis bisher bei den ersten FRISCH AUF!-Heimspielen beides Mal zum Einsatz. Leider führte der erste Einsatz im Heimspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen gleich zu einer Roten Karte gegen FRISCH AUF!-Kreisläufer Kresimir Kozina, dem bei einer FRISCH AUF!-Angriffsaktion ein Abwehrspieler von hinten mit dem Kopf gegen den Arm lief, während Kreso versuchte, seine Sperre mit den Armen etwas zu verbreitern. Ein Stürmerfoul wäre wohl die bessere Entscheidung gewesen, aber die Schiedsrichter entschieden anhand der TV-Bilder auf Gesichtstreffer. Im zweiten aktuellen Fall wurde überprüft, ob Tim Kneule in der Abwehr gegen den Gummersbacher Kreisläufer zu hart oder mit Gesichtstreffer agiert hatte. Hier ergab die Überprüfung keine Bestätigung dieses Prüfverdachts.

Allgemeine Hinweise zum Videobeweis in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga:

Fordern dürfen den Videobeweis nur die beiden Schiedsrichter. Diese unterbrechen das Spiel und halten die Zeit an, und zeigen dann mit einem Zeichen an, dass sie eine Situation am Bildschirm überprüfen wollen. Sie geben in der Folge zur formellen Absicherung zunächst der Spielaufsicht an, um welchen Prüfungs-Tatbestand es sich handelt. Bilder stellt der Operator zur Verfügung, der die beiden Schiedsrichter unterstützen soll, aber keinen Einfluss in die Entscheidung hat. Die Bewertung obliegt also einzig den beiden Unparteiischen, die die Spielszenen aus allen zur Verfügung stehenden Kamerapositionen anschauen könne. Dabei kann auch gezoomt werden oder per Zeitlupe gearbeitet werden.

Die Bandbreite der Einsatzfälle ist im Gegensatz zum Fußball eng begrenzt. "Wir überprüfen nur die Situationen, bei denen wir eine Chance haben, dass die gelieferten Bilder uns weiterhelfen", erklärte Ehrmann-Wolf. Daher haben wir beispielsweise die Wechsel- oder Buzzerfehler und die Entscheidung, ob der Ball komplett über der Linie war, bewusst weggelassen, da die Kamerabilder dies nicht hergeben werden."  Folgende Fälle kommen für den Videobeweis in Frage:

  • Tor oder kein Tor: zur Bestimmung, ob die Spielzeit abgelaufen oder das Spiel unterbrochen wurde, bevor der Ball die Torlinie vollständig überquert hat
  • Schwerwiegende und unfaire Aktionen: Situationen ohne Ball, die außerhalb des Blickfeldes der Schiedsrichter passieren
  • Disqualifikation (rote Karte): Zur genaueren Identifizierung der Rückennummer des fehlbaren Spielers durch die Schiedsrichter
  • Konflikte auf dem Spielfeld: Konfrontationen zwischen zwei (oder mehr) Spielern und die Schiedsrichter haben Zweifel daran, welche(r) Spieler zu bestrafen ist
  • Simulation: Wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel daran haben, ob ein Spieler progressiv bestraft werden sollte oder wenn ein Spieler versucht, die Schiedsrichter durch Simulation zu täuschen
  • Wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel daran haben, ob eine 2-Minuten-Strafe oder eine Disqualifikation auszusprechen ist
  • Den Spielausgang verändernde Situationen in den letzten 30 Sekunden (gilt auch für Verlängerung): Wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel an einer 7-m-Entscheidung oder einem technischen Fehler eines Spielers haben, der ein Tor erzielt
  • Sonstiges: Im Falle einer Entscheidung, die einen Protest (Einspruch) nach sich ziehen kann

Das System muss sich in den folgenden Wochen erst einmal einspielen, denn sowohl die Schiedsrichter als auch die Operator müssen sich erst an die Bedienung und die Abläufe gewöhnen. Und auch das Publikum wird sich daran gewöhnen müssen, dass es etwa eine Minute lang auf das Ergebnis der Überprüfung warten muss. Unmutsbezeugungen von den Tribünen beschleunigen das Verfahren erfahrungsgemäß nicht. Was aber bereits jetzt klar wird, ist, dass die Einführung des Videobeweises zu mehr Roten Karten führen wird, weil jetzt der Nachweis klarer ausfällt. Die Spieler werden sich in der Folge daran gewöhnen müssen, mit noch mehr Vorsicht in die Zweikämpfe zu gehen. Immerhin kann bzw. soll das dazu folgen, dass die Verletzungsgefahr sinkt.